26. Juni 2020

am Freitag
...leider nicht von mir, sondern vom Kollegen FRIEDEMANN DIEDERICHS, USA
RASSISMUS - Amerikas Wahrnehmungslücke
In US-Städten hält das Sterben von Schwarzen durch die Hand von Schwarzen an. Doch Feindhild der „Black lives Matter"- Bewegung ist nur die Polizei.
Es war eine Bilanz des Schreckens, die in den USA weitgehend unbeachtet blieb. Am Vatertags-Wochenende wurden in der Stadt Chicago 104 Menschen durch Schüsse verletzt, 14 von ihnen starben. Zu den Todesopfern zählen auch ein drei Jahre alter Junge und ein 13-jähriges Mädchen. So gut wie alle Bluttaten spielten sich im Süden und Westen der Stadt ab, in von einem hohen Anteil an Minderheiten geprägten Vierteln. Chicagos Polizeichef David Brown blieb jetzt bei einer Bilanz der letzten drei Tage nur Achselzucken. „Kugeln zerstören Nachbarschaften und ruinieren jedes Gefühl von Sicherheit", sagte er. Die überwiegende Mehrheit der Opfer waren Afroamerikaner - ebenso wie die mutmaßlichen Täter.
Die „Black Lives Matter"-Bewegung (BLM), die nach dem Tod von George Floyd in Polizeigewahrsam zu landesweiten Protestmärschen aufgerufen hatte, reagierte auf diese Geschehnisse überhaupt nicht. Für die farbigen Opfer von Chicago fanden keine Demonstrationen statt. Es wurden keine Autobahnen blockiert, keine Fahrzeuge angezündet und keine Geschäfte geplündert. Diese Nicht-Reaktion hat seit Jahren in der Stadt am Lake Michigan, aber auch in anderen US-Metropolen mit hohem afroamerikanischem Anteil wie Baltimore, St. Louis oder Newark Tradition. Dabei steht doch „Black Lives Matter" nach Angaben der Gründer für eines: Die Bekräftigung, dass neben anderen Menschenleben auch die Leben von Schwarzen etwas wert sind.
Allerdings zitieren die BLM-Aktivisten dieses Mantra nur immer dann, wenn umstrittene Tötungen von Schwarzen durch Polizisten stattgefunden haben - was dann wiederum zu enormen Emotionsausbrüchen führt, wie die Massenkundgebungen der letzten Wochen bewiesen haben. Diese mündeten auch in dem Vorwurf, im Polizeiapparat herrsche „systematischer Rassismus", für den Schwarze regelmäßig mit dem Leben bezahlen würden. Was aber verursacht die so enorme Wahrnehmungslücke, was die Tötungen von Schwarzen durch Schwarze in den USA angeht? 90 Prozent aller Morde an Afroamerikanern werden durchschnittlich jedes Jahr durch Afroamerikaner begangen. 2018 fielen laut der FBI-Verbrechensstatistik 7500 Schwarze diesem anhaltenden Trend zum Opfer - was 52 Prozent aller Getöteten ausmacht, obwohl Afroamerikaner doch nur 13 Prozent der US-Bevölkerung stellen. Dies alles wird von „Black Lives Matter" mit beharrlichem Schweigen bedacht. Stattdessen stehen immer wieder Cops im Kampagnen-Fadenkreuz - was sogar in Forderungen mündete, den Polizeibehörden Gelder zu entziehen, sie ganz aufzulösen oder zu manchen Einsätzen unbewaffnete Sozialarbeiter zu schicken. Dass sich Amerikas Minderheiten damit selbst schaden, ist BLM nicht bewusst. Denn eine Reduktion der Polizeikräfte wird es noch schwerer machen, gerade in jenen von hoher Kriminalität und Gang-Aktivitäten geprägten Vorstadt-Vierteln für Sicherheit zu sorgen.
In den USA wird gleichzeitig die von BLM verbreitete Prämisse, die Polizei töte aufgrund von Rassismus vorzugsweise jede Menge Afroamerikaner, für bare Münze genommen. Doch einer Statistik der „Washington Post" zufolge sterben jährlich 1000 Menschen in den USA durch Polizeigewalt, nur 250 von ihnen sind Schwarze. 90 bis 95 Prozent der Getöteten waren im Moment der Konfrontation zudem bewaffnet. Die restlichen fünf bis zehn Prozent - also maximal 25 Afroamerikaner - galten zwar als „unbewaffnet". Doch erfasst werden auch jene, die beispielsweise versuchten, einem Cop die Waffe zu entreißen.
Die Polizei gilt trotzdem als Mega-Feind. Vielleicht erklärt sich dieses Phänomen auch durch einen Motivationsansatz, den ein BLM-Führungsmitglied jetzt enthüllte. Es gehe vor allem darum, Trump aus dem Weißen Haus zu entfernen. Da Trump als Präsident stets dem Polizeiapparat den Rücken gestärkt hat, definiert diese Aussage auch den erbitterten Krieg von BLM gegen Amerikas Cops.

Kommentare powered by CComment